Moazagotl-Wolke (oder „das Moazagotl“)
Von Hirschberg am Fuße des Riesengebirges (heute Jelenia Góra, Polen) wurden schon seit Jahrhunderten bei Leewetterlagen “stehende Wolken” (Lenticulariswolken) beobachtet. Einer Sage nach soll ein dort ansässiger Bauer namens Gotthelf Motz (auf Schlesisch „der Moaza Gotl“) ständig den Himmel beobachtet und vermutet haben, dass es eine besondere Bedeutung mit der Wolke haben müsse, die bei Südwind nicht wie andere Wolken mit dem Wind ziehe, sondern konstant an derselben Stelle stehe.
Im Riesengebirge tritt Föhn sehr häufig auf, weil es sich um ein vergleichsweise kleines, aber steiles Gebirge handelt, welches Luftmassen schnell zum Aufsteigen zwingt. Zudem bringen häufige West- oder Südwestwinde feuchte Luft vom Atlantik, der Nordsee oder dem Mittelmeer, die sich beim Aufsteigen abregnen und auf der Leeseite als trockener, warmer Fallwind herabsinken. Die relativ schmale Struktur des Gebirges begünstigt zudem eine schnelle Erwärmung der absinkenden Luft auf der Leeseite. Oft bilden sich Luftwirbel und dadurch die typischen „stehenden Wolken“, die sich laufend an Ort und Stelle neu bilden und auf dem Weg zum Wellental wieder auflösen.
Häufig sind die Föhnwolken im Riesengebirge mehrschichtig (Ac len du – Altocumulus lenticularis duplicatus), was auf die besondere Strömungsdynamik zurückzuführen ist. Nach dem Überströmen des Gebirges entstehen auf der Leeseite Wellenbewegungen in der Luft. Diese können mehrere Wellenberge und Täler erzeugen, an denen linsenförmige Wolken in unterschiedlichen Höhen entstehen. Auch die unterschiedlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsschichten über dem Gebirge können zu mehreren Wolkenlagen führen, die unabhängig voneinander existieren und deshalb den Eindruck vermitteln, mehrstöckig zu sein (Skizzen hier).
1933 bemerkte der deutsche Ingenieur und Segelflugpionier Wolf Hirth, dass ein Segelflugzeug in schier unglaublicher Höhe über dem Südhang segeln kann. An diesem Tag entdeckte er nicht nur die Leewellen, sondern auch die unter ihnen liegenden Rotoren. Ein eigener Schleppflug brachte ihn in 1500 Meter Höhe. Nach diesem Flug wurde beschlossen, das Stromfeld zwischen Riesengebirge und Grunau zu erforschen, um es eventuell mit den Moazagotl-Wolken in Zusammenhang bringen zu können. Denn diese deuten auf trockene, warme Fallwinde und Schwerewellen hin und treten oft gemeinsam mit anderen Föhnphänomenen wie starkem Wind, plötzlichem Temperaturanstieg und extrem klarer Sicht auf.
Die Wolkenformation Moazagotl inspirierte ihn letztendlich ein neukonstruiertes Segelflugzeug zu entwickeln, welches die Thermik und Schwerewellen besser nutzte, um in noch größeren Höhen zu fliegen und dadurch längere Strecken zurücklegen zu können. Er benannte es nach der Wolke Moazagotl. 1934 flog er mit diesem Hochleistungssegelflugzeug auf eine Südamerikaexpedition. Vor allem Wolf Hirth und seinen Aufzeichnungen ist es letztendlich zu verdanken, dass die Moazagotl-Wolke vor allem aus dem Segelflugbereich kaum noch wegzudenken ist.
Mehr Informationen:
- Dörnbrack, Heise, Kuettner: „Wellen und Rotoren“, Promet, Jahrgang 32, Heft ½, S. 18ff
- Hirth, Wolf: Die Hohe Schule des Segelfliegens, Verlag Glasing und Co., Berlin
Text und Fotos: Claudia Hinz und Matthias Barth










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