Genuatief – Wann wird es in den Südalpen besonders nass?

Es ist gar nicht so selten, dass wiederkehrende Hoch- und Tiefdruckgebiete nach Regionen benannt werden, in denen sie regelmäßig auftreten. Bekannt sind z.B. das Azorenhoch und das Islandtief. Ein weiterer Vertreter dieser Art ist das Genuatief, Protagonist unseres heutigen Beitrags. Es entsteht, wenn großräumig kalte Luft aus (sub)polaren Breiten weit nach Süden in den Mittelmeerraum strömt. Über dem zu jeder Jahreszeit vergleichsweise warmen Wasser erwärmt sich die Luft dort und nimmt vor allem viel Feuchtigkeit auf. Hinzu kommt, dass der südwärts strömenden Luft auf ihrer Reise über Mitteleuropa die Alpen im Weg stehen. Diese muss sie um- und überströmen, um auf deren Südseite zu gelangen. Dort entsteht dabei häufig ein Tiefdruckgebiet über dem Golf von Genua, daher der Name. Der Fachausdruck für diesen Prozess heißt Leezyklogenese und beschreibt, dass sich bei der Überströmung von Gebirgen auf der Leeseite aus dynamischen Gründen Tiefdruckgebiete bilden. Durch die Rotation des bei Genua entstandenen Tiefs gegen den Uhrzeigersinn wird warme, feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum von Süden gegen die Alpen geführt. Dort wird sie zum Aufsteigen gezwungen, es bilden sich Wolken und es kommt oft zu langanhaltenden, sehr ergiebigen Niederschlägen. Diese können je nach Jahreszeit und Höhenlage gewaltige Schneemassen oder Hochwasser und Überschwemmungen bringen. Viele Niederschlagsextrema in Norditalien und im Westen Österreichs stehen im Zusammenhang mit Genuatiefs.

Text: Felix Herz
Zeichnung: Olaf Börner