Eisschilde – Welche Rolle spielt der Ozean beim Schmelzen der Eisschilde?
Wie bei einem Eisberg der Großteil seiner Masse unter dem Meer verborgen ist, so passiert auch ein Großteil des Schmelzens der Eisschilde unter dem Meeresspiegel. Sowohl der grönländische als auch der antarktische Eisschild münden in viele Ausflussgletscher, die ins Meer führen. Im besonders kalten Norden Grönlands sowie rund um die Antarktis bilden diese Gletscher schwimmende Eiszungen bzw. Eisschelfe auf dem Meer. Diese Eismassen sind mehrere 100 m dick und mehrere 10 km bis mehrere 100 km breit bzw. lang. Das Meerwasser, das dieses Schelfeis in bis zu 1000 m Tiefe unterspült ist typischerweise wärmer als der Gefrierpunkt, denn dieser liegt bei salzigem Meerwasser bei rund –2 °C. Somit führt er Ozean Wärme an das Eis heran, das dadurch zu schmelzen beginnt. Das salzarme Schmelzwasser ist leichter als das Wasser des Ozeans und steigt deshalb entlang der geneigten Eiszunge nach oben. Es entsteht eine schnelle Strömung unter dem Eis, die durch Reibung zu noch mehr Wärme und Schmelzen führt. Dieses Schmelzen unter dem Meeresspiegel ist ein wichtiger Teil des Massenverlusts der Eisschilde. Bei manchen Gletschern ist der Ozean für rund 90 % des Schmelzens verantwortlich. Das führt dazu, dass Eisschelfe instabil werden und auseinanderbrechen. Dies hat zur Folge, dass große Mengen Eis von den Eisschilden ins Meer nachrutschen können, wodurch der Meeresspiegel überall auf der Welt ansteigt. Forschende gehen davon aus, dass bereits der Kollaps eines einzigen Gletschers, dem Thwaites-Gletscher in der Antarktis, ausreichen würde, um den Meeresspiegel global um 65 cm ansteigen zu lassen. Dieser Gletscher ist etwa so groß wie Großbritannien und gilt zur Zeit als besonders instabil.
Text: Markus Reinert
Bilder: Michael Thomas