Online-Seminarserie: Künstliche Intelligenz in der Hydrometeorologie

Jens Grundmann (TU Dresden)

Künstliche Intelligenz für die optische Gewässerbeobachtung und Hochwasservorhersage

Abstract

Die Bewältigung von Naturkatastrophen, speziell von Starkregen und Hochwasser, stellt besondere Anforderungen an die Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes. Aus Sicht von Einsatzleitungen sind im Hochwasserfall einerseits Vorhersagen mit ausreichenden Vorwarnzeiten und andererseits Beobachtungen und Messdaten der Fließgewässer für ein möglichst genaues Lagebild wünschenswert. Für beide Problemfelder wurden im Projekt KIWA „Künstliche Intelligenz(KI) für die Hochwasserwarnung“ (http://kiwa.hydro.tu-dresden.de/) KI-basierte Technologien entwickelt und in einem operationellen Vorhersagesystem miteinander verknüpft.

Der Vortrag vermittelt einen Einblick in die KI-Entwicklungen. Die Messung und Beobachtung erfolgt durch optische Messung von Wasserständen, Fließgeschwindigkeiten und Durchflüssen aus Einzelbildern und kurzen Videosequenzen von Überwachungskameras. Hierbei wird mit Hilfe von Convolutional Neural Networks (CNNs) eine Segmentierung der Wasserfläche im Bild durchgeführt, deren Verschneidung mit einem 3D-Geländermodell der Messstellenumgebung zur Bestimmung des Wasserstandes führt. Der entwickelte KI-basierte Verfahrensablauf erlaubt eine vollständige optische Messung kompletter Zeitreihen des Wasserstandes und des Durchflusses bei Tag und Nacht. Die erzielten Genauigkeiten im Zentimeterbereich für den Wasserstand und niedrigen Prozentbereich für den Durchfluss ermöglichen eine Anwendung im Katastrophenschutz.

Für die Vorhersage der Durchflüsse wurde ein regionales KI-Modell (basierend auf LSTMs) zur Transformation des Niederschlags in Abfluss entwickelt. Insgesamt wurden 52 kleinere und mittlere Einzugsgebiete in Sachsen mit ihren Beobachtungsdaten und Gebietsmerkmalen in die Entwicklung der regionalen KI einbezogen. Mit dem aktuellen Setup des regionalen KI-NA-Modells werden, basierend auf stündlichen Beobachtungen des Niederschlags und des Durchflusses, Vorhersagen mit einer Vorhersageweite von bis zu 24 Stunden erzielt. Das KI-NA-Modell wurde in ein hydrologisches Ensemblevorhersagesystem integriert, das stündlich neue Abfluss-Ensemblevorhersagen basierend auf dem Icon-D2-EPS Produkt des DWD liefert und von den Nutzern in einem Webdemonstrator mit verfolgt werden kann.

Im Rahmen einer Pilotstudie wurden beide KI-Systeme für ein bislang unbeobachtetes Einzugsgebiet in einem operationellen System verknüpft. Dabei ermöglichen die kontinuierlichen optischen Messungen des Wasserstands und des Durchflusses eine Datenassimilation und Startschätzung des Gebietszustandes für das regionale KI-Vorhersagemodell, das lediglich mit den Gebietseigenschaften des Einzugsgebiets des Kamerastandortes parametrisiert wurde. Neben den technischen Aspekten der KI-Systeme werden erste Ergebnisse und Analysen vorgestellt.

Biographie

  • 2001 Dipl.-Hydrologe an der TU Dresden
  • 2009 Promotion im Fachgebiet Hydrologie an der TU Dresden
  • Seit 2001: wissenschaftlicher Mitarbeiter für Lehre und Forschung an der Professur für Hydrologie, TU Dresden
  • Seit 2014: Leitung der Arbeitsgruppe „Angewandte Hydrologie“

Aktuelle Forschungsschwerpunkte:

  • Niederschlag-Abfluss-Prozesse und Hochwasser in kleinen Gebieten
  • Hydrologie arider Regionen
  • Neue Messmethoden in der Hydrometrie

Wann

13.11.25
15:00 - 16:00

Wo

Wer

FA Hydrometeorologie