Meteorologisches Kolloquium
Prof. Dr. Christoph Thomas Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften – Mikrometeorologie, Universität Bayreuth
Eine mikrometeorologische Reise in die faszinierende Welt der Rauen Unterschicht über Stadt und Wald
Die Raue Unterschicht (Roughness Sublayer, RSL) ist die Schicht, in der die Luft an die Unterlage grenzt und durch die Interaktion mit einzelnen Strömungshindernissen eine Vielzahl von verschiedenen Wirbeln erzeugt. Das gleichzeitige Auftreten von klassisch stochastischen und deterministisch organisierten turbulenten Wirbeln, sowie auch submesoskaligen Strukturen erzeugt sowohl Herausforderungen als auch Chancen in der Analyse von atmosphärischen Transportphänomenen.
In dem Vortrag gehe ich zunächst auf aktuelle mikrometeorologische Forschung in der RSL der urbanen Grenzschicht in München ein, um das Wechselspiel zwischen turbulentem Lufttransport, Luftqualität und Gebäudegeometrie darzustellen. Mithilfe von in-situ Turbulenzmessungen und LES Modellierung zeige ich, dass in dem geschlossenen Straßenzug der verkehrsreichen Landshuter Allee die hoch mit Stickstoffdioxid belastete Luft vor allem eine Folge der stark eingeschränkten turbulenten Durchmischung bei synoptisch dominierender Westanströmung und der hohen Verkehrsdichte ist. Aktive Luftreinigungssysteme, die von uns seit Herbst 2021 betrieben werden, bringen keine nachweisliche Verbesserung der Luftqualität im Straßenzug. Im weiteren Verlauf gehe ich auf turbulenten Austausch und Treibhausgasmessungen in der RSL über dem peruanischen Tieflandregenwald im Oberlauf des Amazonas ein. Durch die äquatoriale Nähe sind die windschwachen Verhältnisse der Hadleyzelle bestimmend für den turbulenten Austausch von Impuls, Wärme und kohlenstoffhaltigen Treibhausgasen zwischen Unterlage und Luft. Die inhärente kleinräumige Heteorgenität des geogenen Untergrundes und der Vegetation führen zu intermittenten hohen Methanemmissionen in Staunässebereichen, die das Zünglein an der Waage für die Frage über die Nettoquellen- oder senkenfunktion dieser Landbedeckung sein könnten. Klimaprojektionen sagen eine divergierende Entwicklung zwischen dem westlichen und östlichen Amazonasbecken voraus, der zusätzlich den Kohlenstoffkreislauf dieses Bioms beeinflussen wird.